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Wählbarkeit von Kreisbediensteten zum Kreistag

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Art. 137 Abs. 1 GG ermächtigt im kommunalen Bereich nur dann dazu, die Wählbarkeit eines Arbeitnehmers zu dem Vertretungsorgan seines Arbeitgebers zu beschränken, wenn ansonsten der Gefahr von Interessenkollisionen nicht wirksam begegnet werden kann. Die Gefahr einer solchen Interessenkollision besteht nicht, wenn der Arbeitnehmer einer kommunalen Gebietskörperschaft keine Möglichkeit hat, inhaltlich auf die Verwaltungsführung Einfluss zu nehmen.

Dies entschied jetzt das Bundesverwaltungsgerichts in dem Fall eines seit 1977 beim Landkreis angestellten Arbeitnehmers, der zunächst bei einem Kreiskrankenhaus als Pfleger, ab 2012 ebendort als Pförtner eingesetzt war. Bei den Kommunalwahlen im Jahr 2009 in Baden-Württemberg wurde der Pförtner für die Partei “Die Linke” zum zweiten Ersatzbewerber für den Kreistag des beklagten Landkreises gewählt. Im September 2012 starb ein Abgeordneter der Partei “Die Linke” im Kreistag. Der erste Ersatzbewerber lehnte die Übernahme des freigewordenen Mandats ab.

Mit Bescheid vom 23.10.2012 stellte der Landkreis fest, dass der Pförtner an der Übernahme des Mandats eines Kreisrates im Kreistag des Landkreises Ortenaukreis gehindert sei. Er sei Arbeitnehmer in einem seiner Eigenbetriebe. Er leiste auch nicht überwiegend körperliche Arbeit; der Schwerpunkt seiner Arbeitsleistung liege bei der Telefonvermittlung und -auskunft sowie bei seiner Funktion als Anlauf- und Auskunftsstelle für Besucher und Patienten. Hierbei handele es sich um geistige Tätigkeiten.

Den Widerspruch des Pförtners wies der Landkreis mit Widerspruchsbescheid vom 18.12 2012 zurück. Die gegen diese Bescheide gerichtete Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht Freiburg abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens wurde der Pförtner bei der Kommunalwahl 2014 für die Partei “Die Linke” zum ersten Ersatzbewerber seiner Liste gewählt. Er hat seine Klage danach als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterverfolgt. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim hat die Berufung des Pförtners ebenfalls zurückgewiesen. Die Feststellung, dass der Pförtner nicht in den Kreistag nachrücken könne, werde von § 24 Abs. 1 LKrO getragen. Die Vorschrift halte sich auch in dem durch Art. 137 Abs. 1 GG gezogenen verfassungsrechtlichen Rahmen, wonach die Wählbarkeit von Angestellten des öffentlichen Dienstes beschränkt werden könne. § 24 Abs. 1 LKrO erfasse nur Arbeitnehmer, die nicht überwiegend körperliche Arbeit verrichteten, und damit der Sache nach nur Angestellte im Sinne von Art. 137 Abs. 1 GG. Sie verstoße nicht gegen das Willkürverbot oder den Bestimmtheitsgrundsatz und verletze auch nicht das Übermaßverbot. Die hiergegen gerichtete Revision des Pförtners hatte vor dem Bundesverwaltungsgericht Erfolg:

Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) unverändert zulässig. Das vom Verwaltungsgerichtshof angenommene Fortsetzungsfeststellungsinteresse, das bis zum Abschluss des Revisionsverfahrens vorliegen muss, ist weiterhin gegeben. Es folgt aus der bestehenden Wiederholungsgefahr, die anzunehmen ist, wenn in Zukunft unter im Wesentlichen unveränderten Umständen der erneute Erlass eines gleichartigen Verwaltungsakts droht. Angesichts des bevorstehenden Ausscheidens eines Kreisrates der Partei “Die Linke” aus dem Kreistag hat der Beklagte angekündigt, in der Beschäftigung des Pförtners beim Kreiskrankenhaus wiederum ein Hindernis für ein Nachrücken zu sehen. Auch die Beschäftigungssituation des Pförtners ist trotz seiner längeren Erkrankung im Rechtssinne unverändert; er war zuletzt als Pförtner des Krankenhauses eingesetzt und ihm ist bislang keine andere Tätigkeit zugewiesen worden.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist die Klage auch begründet. Die angefochtenen Bescheide finden in § 24 Abs. 1 der Landkreisordnung für Baden-Württemberg vom 19.06.1987 – LKrO – keine Grundlage. Nach dieser Vorschrift können unter anderem “Beamte und Arbeitnehmer des Landkreises” (Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) nicht Kreisräte sein. Die Vorschrift findet keine Anwendung auf Arbeitnehmer, die überwiegend körperliche Arbeit verrichten (Satz 2).

Ohne Erfolg macht der Pförtner allerdings geltend, das Berufungsurteil sei schon deshalb fehlerhaft, weil der Verwaltungsgerichtshof zu Unrecht angenommen habe, er verrichte nicht überwiegend körperliche Arbeit im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 2 LKrO. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Würdigung auf tatsächliche Feststellungen gestützt, die der Pförtner nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat und die das Revisionsgericht deshalb binden (§ 137 Abs. 2 VwGO).

Der Verwaltungsgerichtshof hat seiner Entscheidung jedoch eine zu weite Auslegung des Begriffs “Arbeitnehmer des Landkreises” zugrunde gelegt. Bei zutreffender engerer Auslegung konnte dem Pförtner die Übernahme des Kreistagsmandats nicht verwehrt werden.

Die revisionsgerichtliche Prüfung muss grundsätzlich von dem Inhalt dieser landesrechtlichen Vorschriften ausgehen, den das Berufungsgericht durch Auslegung ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (§ 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO). Das Revisionsgericht muss jedoch nachprüfen, ob die Auslegung willkürlich erfolgt ist oder ob Bundesrecht – insbesondere Bundesverfassungsrecht – ein anderes Ergebnis gebietet.

§ 24 Abs. 1 LKrO untersagt unter anderem Bediensteten eines Landkreises, ein Mandat im Kreistag zu übernehmen. Damit beeinträchtigt die Vorschrift das passive Wahlrecht der Kreisbediensteten und beschränkt die Wahlrechtsgrundsätze, namentlich die Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichheit der Wahl, deren Geltung Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG auch für die Wahlen zur Vertretung des Volkes in den Kreisen vorschreibt. Eine einschränkende Regelung von dieser Bedeutung und Tragweite ist nur zulässig, soweit das Grundgesetz sie ausdrücklich vorsieht oder soweit aus der Verfassungsordnung sonst eine ausreichende Ermächtigung entnommen werden kann.

Eine Beschränkung des passiven Wahlrechts in Anknüpfung an ein Dienstverhältnis kann nur durch Gesetz auf der Grundlage des Art. 137 Abs. 1 GG angeordnet werden. Hiernach kann die Wählbarkeit von Beamten, Angestellten des öffentlichen Dienstes, Berufssoldaten, freiwilligen Soldaten auf Zeit und Richtern im Bund, in den Ländern und den Gemeinden gesetzlich beschränkt werden. Die Vorschrift erwähnt die Kreise nicht ausdrücklich, gilt aber auch dort. Sie will die organisatorische Gewaltenteilung gegen Gefahren sichern, die durch eine Personalunion zwischen einem Exekutivamt und einem Abgeordnetenmandat entstehen können. Insbesondere sollen Verwaltungsbedienstete nicht derjenigen gewählten Vertretungskörperschaft angehören, der eine Kontrolle über ihre Behörde obliegt. Dabei steht dem Gesetzgeber zwar ein weiter Regelungsspielraum zu; stets ist aber der hohe Rang der im Grundsatz streng formal zu verstehenden Wahlrechtsgleichheit zu berücksichtigen.

Der Landesgesetzgeber hat mit § 24 Abs. 1 LKrO von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht. Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift müssen sich in deren Rahmen halten.

§ 24 Abs. 1 LKrO stellt allerdings eine gültige gesetzliche Regelung dar. Der Ansicht des Pförtners, die Vorschrift sei nichtig, kann nicht gefolgt werden.

Zum einen lässt sich nicht beanstanden, dass die Vorschrift hinsichtlich der Arbeitnehmer zwischen solchen, die überwiegend körperliche Arbeit verrichten, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, unterscheidet und nur letztere Beschränkungen der Wählbarkeit unterwirft. Diese Unterscheidung ist in Art. 137 Abs. 1 GG angelegt, der zur Beschränkung der Wählbarkeit – neben Beamten, Soldaten und Richtern – nicht sämtlicher Arbeitnehmer, sondern nur der Angestellten des öffentlichen Dienstes ermächtigt. Bei Erlass des Grundgesetzes unterschied das Arbeitsrecht zwischen Angestellten und Arbeitern. Nachdem das Arbeitsrecht diese begriffliche Unterscheidung aufgegeben und den einheitlichen Begriff des Arbeitnehmers eingeführt hatte, mussten gesetzliche Bestimmungen über Wählbarkeitsbeschränkungen die in Art. 137 Abs. 1 GG unverändert angelegte Unterscheidung auf andere Weise fortführen. Dies kann dadurch geschehen, dass vom umfassenden Begriff des Arbeitnehmers diejenigen ausgenommen werden, die überwiegend körperliche Arbeit verrichten.

Nicht zu beanstanden ist ferner, dass § 24 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a LKrO die Wählbarkeit für sämtliche Arbeitnehmer des Landkreises und des Landratsamtes, die nicht überwiegend körperliche Arbeit verrichten, beschränkt, § 24 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c LKrO hingegen bei anderen Körperschaften des öffentlichen oder bei Unternehmen des privaten Rechts, auf die der Landkreis bestimmenden Einfluss ausüben kann, nur für die leitenden Arbeitnehmer. Darin kann kein regelungsinterner Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gesehen werden. Dieser Grundsatz ist nur verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Der die Ungleichbehandlung legitimierende Unterschied liegt hier schon darin, dass die Mitarbeiter anderer Körperschaften und privatrechtlicher Unternehmen keine Bediensteten des Landkreises selbst sind. Allerdings darf der Gesetzgeber nicht daran vorbeigehen, dass die Gefahr von Interessenkollisionen auch bei solchen Körperschaften und Unternehmen jedenfalls dann besteht, wenn sie von dem Landkreis beherrscht werden. Dies rechtfertigt es, Vorschriften zur Beschränkung der Wählbarkeit auch auf deren Bedienstete auszudehnen; dabei kann es auf den formalen Unterschied der Organisationsform nicht ankommen. Freilich besteht die Gefahr der Interessenkollisionen in Ansehung dieser Körperschaften und Unternehmen nur für diejenigen ihrer Mitarbeiter, über welche der Landkreis seine beherrschende Stellung ausübt. Dies sind nur die Mitarbeiter in leitender Funktion.

Der Pförtner wendet sich ferner ohne Erfolg dagegen, dass Beschäftigte, die bei einem kommunalen Eigenbetrieb eingesetzt werden, nicht den Beschäftigten bei einem rechtsfähigen Kommunalunternehmen gleichgestellt werden. Bedienstete, die bei einem Eigenbetrieb eingesetzt werden, sind nach baden-württembergischem Landesrecht unmittelbare Bedienstete der Kommune selbst. Das ist auch in Ansehung von Art. 137 Abs. 1 GG begründet. Hier besteht dieselbe Gefahr von Interessenkollisionen, die sich auch nicht nur auf die leitenden Mitarbeiter des Eigenbetriebs beschränkt. Eigenbetriebe sind nach baden-württembergischem Recht zwar organisatorisch relativ verselbständigt, indem sie über einen eigenen Betriebsleiter, einen Betriebsausschuss und einen eigenen Haushalt verfügen. Der Betriebsleiter ist aber dem Landrat weisungsunterworfen, der Betriebsausschuss gilt als Ausschuss des Kreistages, und der Betriebshaushalt ist Bestandteil des Kreishaushalts (vgl. § 48 LKrO i.V.m. dem Gesetz über die Eigenbetriebe der Gemeinden – EigBG – vom 08.01.1992, GBl. S. 21, zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 16.04.2013, GBl. S. 55, 57). Der Kreistag erstreckt damit seine Kontrollaufgabe und seine Kontrollbefugnisse auf den gesamten Eigenbetrieb, nicht anders als hinsichtlich des Landratsamtes.

Schließlich genügt § 24 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a, Satz 2 LKrO auch den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots. Dieses verlangt vom Normgeber, Rechtsvorschriften so genau zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Es genügt, dass die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Der Verwaltungsgerichtshof hat insoweit zutreffend darauf verwiesen, dass der Anwendungsbereich der Norm mit den üblichen Methoden der Gesetzesauslegung ohne erhebliche Probleme ermittelt werden kann.

Allerdings dürfen jedenfalls bei kommunalen Vertretungsorganen nicht unterschiedslos alle Arbeitnehmer der Kommune, die nicht überwiegend körperliche Arbeit verrichten, von der Wählbarkeit ausgeschlossen werden. Der Ausschluss darf nicht auf solche Arbeitnehmer erstreckt werden, die keine Möglichkeit haben, inhaltlich auf die Verwaltungsführung der Kommune Einfluss zu nehmen. § 24 Abs. 1 LKrO ist für eine derart einschränkende Auslegung offen und deshalb nicht verfassungswidrig und nichtig; die einschränkende Auslegung ist aber auch geboten.

Wie gezeigt, lässt Art. 137 Abs. 1 GG gesetzliche Beschränkungen der Wählbarkeit der Angehörigen des öffentlichen Dienstes zur Verhinderung des Zusammentreffens von Amt und Mandat zu. Eine auf Art. 137 Abs. 1 GG gestützte gesetzliche Regelung darf aber nur eine Beschränkung der Wählbarkeit in Gestalt einer Unvereinbarkeitsregelung (Inkompatibilität), nicht aber den rechtlichen Ausschluss von der Wählbarkeit (Ineligibilität) anordnen. Wesentliches Merkmal einer Inkompatibilitätsvorschrift ist, dass sich der von ihr Betroffene als Wahlbewerber aufstellen lassen, gewählt werden und die Wahl annehmen kann, die Annahme der Wahl aber von einer Beendigung (oder doch vom Ruhen) des Dienstverhältnisses abhängig gemacht wird. Darüber geht § 24 Abs. 1 LKrO nicht hinaus. Weil allerdings ein kommunales Mandat herkömmlich als Ehrenamt ohne Diäten ausgestaltet ist, wird sich ein Bewerber wegen der Folgen der gesetzlichen Unvereinbarkeitsregelung auf seine beruflichen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen regelmäßig außerstande sehen, sich für das Mandat zu entscheiden. Angesichts der besonderen Verhältnisse im kommunalen Bereich, der neben der Ehrenamtlichkeit zugleich von einer Vielzahl von Möglichkeiten ins Gewicht fallender Entscheidungskonflikte gekennzeichnet ist, ist diese faktische Einengung der Wahlmöglichkeit zwischen Amt und Mandat schon immer als zumutbare Konsequenz angesehen worden. Eine Begrenzung der Wählbarkeit mit einer so weitreichenden Folge kann aber nicht allein mit der verfassungsrechtlichen Ermächtigung aus Art. 137 Abs. 1 GG begründet werden. Sie bedarf hier jeweils eines sachlichen Grundes, der dem Sinn der verfassungsrechtlichen Ermächtigung gerecht wird. Sie ist deshalb nur gerechtfertigt, wenn ansonsten der Gefahr von Interessenkollisionen nicht wirksam zu begegnen ist.

Ein Gesetz, das von der Ermächtigung des Art. 137 Abs. 1 GG für den kommunalen Bereich Gebrauch macht, muss eine klare, konsequente Lösung der Unvereinbarkeiten bieten. Das gilt gerade angesichts der Vielzahl von Möglichkeiten ins Gewicht fallender Entscheidungskonflikte im kommunalen Bereich. Das gebietet, Differenzierungen anhand bestehender Gefahren von Interessenkonflikten bereits auf der Ebene des Gesetzes zu treffen, und erlaubt insoweit generalisierende Tatbestände, die an die Wahrscheinlichkeit einer Konfliktlage anknüpfen; es verbietet, Differenzierungen erst in die Gesetzesanwendung im Einzelfall zu verlagern. Das schließt freilich nicht aus, dem Gesetz die gebotene Differenzierung erst im Wege der Auslegung zu entnehmen, wenn dies in der Regelung selbst angelegt oder – wie hier – aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten ist.

Eine solche Auslegung muss hier am Begriff des Arbeitnehmers in § 24 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a LKrO ansetzen. Dieser Begriff ist einer am Zweck der Ermächtigung des Art. 137 Abs. 1 GG orientierten einschränkenden Auslegung zugänglich. Dass eine Unvereinbarkeit von Berufstätigkeit und Mandat nicht für sämtliche Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst angeordnet werden darf, zeigt schon Art. 137 Abs. 1 GG selbst, der hierzu nur für die seinerzeitigen Angestellten ermächtigt, nicht aber für die seinerzeitigen Arbeiter. Wie gezeigt, sucht § 24 Abs. 1 Satz 2 LKrO diese Einschränkung fortzuzeichnen, indem die Unvereinbarkeitsregelung keine Anwendung auf Arbeitnehmer finden soll, die überwiegend körperliche Arbeit verrichten. Die Zusammenführung der überkommenen Gruppen der Angestellten und der Arbeiter in die einheitliche Gruppe der Arbeitnehmer war aber nicht nur terminologischer Natur; sie war auch Ausdruck der Fortentwicklung der Arbeitswelt, in welcher Berufsbilder mit überwiegend körperlicher Arbeit auch im “öffentlichen” Dienst seltener geworden sind und Funktionen, die seinerzeit von Arbeitern wahrgenommen wurden, zwischenzeitlich – bei deutlich verändertem Gepräge – von Arbeitnehmern wahrgenommen werden, die nach seinerzeitigem Begriffsverständnis als Angestellte bezeichnet worden wären. Damit zeigt sich, dass die aus Verfassungsgründen gebotene Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 24 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a LKrO nicht schon damit hinlänglich erreicht ist, dass aus dem dortigen Begriff des Arbeitnehmers durch § 24 Abs. 1 Satz 2 LKrO diejenigen von der Unvereinbarkeitsregelung ausgenommen werden, die auch heute noch überwiegend körperliche Arbeit verrichten. Auch wenn dieses eher äußerliche Merkmal in seinem Anwendungsbereich durchaus zu zutreffenden Ergebnissen führt, so bedarf es doch einer weitergehenden Einschränkung des Arbeitnehmerbegriffs, die sich am Sinn und Zweck der Ermächtigung des Art. 137 Abs. 1 GG ausrichtet, der Gefahr von Interessenkollisionen zu begegnen.

Bei Beachtung dieser Grundsätze muss der Begriff des Arbeitnehmers in § 24 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a LKrO dahin einschränkend ausgelegt werden, dass solche Arbeitnehmer nicht umfasst sind, die nach ihrem dienstlichen Tätigkeitsbereich keine Möglichkeit haben, inhaltlich auf die Verwaltungsführung des Landkreises oder des Landratsamtes Einfluss zu nehmen. In solchen Fällen droht typischerweise kein Interessenkonflikt zwischen der Aufgabe als Mandatsträger, im Kreistag die Kreisverwaltung zu kontrollieren, und der beruflichen Tätigkeit für die Kreisverwaltung. Namentlich droht nicht die Gefahr einer zurückhaltenderen Kontrolltätigkeit im Kreistag, die bei Arbeitnehmern begründet wäre, die nach ihrer dienstlichen Tätigkeit und Funktion Einfluss auf vor dem Kreistag zu verantwortende inhaltliche Entscheidungen haben.

Die in Rede stehende einschränkende Auslegung führt im vorliegenden Fall dazu, dass der Pförtner kein Arbeitnehmer im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a LKrO ist; denn er besitzt als Pförtner eines Krankenhauses des Landkreises keine Möglichkeit, auf die Verwaltungsführung des Landkreises – und auch nur des Krankenhauses selbst – inhaltlich Einfluss zu nehmen.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. Juni 2017 – 10 C 2.16


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